Das tiefgreifendste Zitat, das ich über Kindererziehung gelesen habe, stammt von Dan Allender: «Das grösste Konfliktpotential zwischen dir und deinen Kindern besteht, wenn sie sich nicht vor deinen Götzen verbeugen.» Ich möchte dich herausfordern und ermutigen, dieses Zitat einer Freundin an ihrer «Baby-Shower-Party» (Hinweis des Übersetzers: Eine „Baby Shower Party“ ist in den USA ein Fest für frischgebackene Mütter, ähnlich einem Geburtstagsfest.) zu sagen.
Als ich mein erstes Kind bekam, war ich entschlossen, mein Bestes in der Kindererziehung zu geben: ich habe verschiedenste Bücher darüber gelesen. Und wenn versprochen wurde: «wenn du diese Ratschläge befolgst, wird dein Kind ab dem Tag von dem du aus dem Krankenhaus nach Hause kommst die ganze Nacht durchschlafen». Oder ähnliches. Nur dass mein Sohn nicht mitgemacht hat. Er hat endlos geweint, hatte Mühe gestillt zu werden und schlief nicht länger wie 20 Minuten.
Mein vorherrschendes Gefühl in all dem war: Zorn. Ich war zornig auf ein Kind. Inmitten der Nacht warf ich Kissen umher und habe meinen Mann angeschrien und nicht so nette Worte gesagt. Sogar zu meinem eigenen Kind. Jetzt bin ich überzeugt, dass meine Hormone und mein Schlafentzug auch eine Rolle in der ganzen Sache gespielt haben, aber über allem war ich verärgert, weil ich brav die Ratschläge A und B befolgt habe und daraus C nicht erhielt. Ich hätte es doch verdient ein Kind zu haben, das kooperiert. Alle Bücher haben mir gesagt, dass er es tun würde, wenn ich nur täte... und genau das habe ich befolgt. In Wahrheit aber habe ich in meinem Herzen Kontrolle, Erfolg, Bequemlichkeit und sogar Ansehen angebetet. Aber mein Sohn weigerte sich mitzumachen. Demzufolge war ich wütend.
Mein Sohn wurde jährig und wurde ein einfacheres Kind. Nun war meine Erziehung von Stolz geprägt: «Wir sind tolle Eltern! Wenn die Menschen es nur wie wir machen würden». Ich bete weiterhin meine Götzen an: Kontrolle, Erfolg, Bequemlichkeit und Ansehen. Dann gab mir Gott genau das, was ich brauchte: ein zweites Kind, das alles verweigerte was wir sagten. Wir haben ihn diszipliniert. Er lachte nur und tat es erneut. Er war ein Mysterium, der nur das tat, was er wollte und ja nicht das, was andere von ihm wollten.
Was war meine vorherrschende Emotion? Zorn. «Wie kann er nur!». Ich habe mir ein System zurechtgelegt, wie ich ihn lieben würde. Und er zerschlug es jeden einzelnen Tag. Und so habe ich noch mehr kontrolliert und ihm befohlen, meinem Götz von willigem und respektierendem Kind zu gehorchen. Aber er tat es nicht. Und ich war zornig.
In seinem Buch «Es ist nicht alles Gott, was glänzt», sagt Tim Keller: «Ein Götze ist alles was du anschaust und du dir tief in deinem Innersten sagst «Wenn ich das nur habe, dann hat mein Leben einen Sinn, dann weiss ich, dass ich wert habe und mich wichtig und sicher fühle.». Götzen sind Dinge, die uns erschüttern, wenn sie bedroht sind. Wie kannst du deine Götzen erkennen? Nachfolgend vier praktische Tipps:
1. Schenk deinen negativen emotionalen Reaktionen gegenüber deinen Kindern Beachtung
Denke an Zeiten, wenn du am meisten frustriert bist mit deinem Kind.
Oft ist nicht das Verhalten deines Kindes der Grund von deiner Reaktion, sondern deinen Götzen, der bedroht ist. Verfolge deine Gefühle bis an die Wurzel. Was steht in Gefahr? Dein Bild, wie sich
dein Kind verhalten soll oder dein Ansehen, deine Bequemlichkeit?
Unsere Reaktion den Kindern gegenüber hat oft wenig mit unserer Enttäuschung über ihre Sünde zu tun, sondern mehr wie irritiert wir sind, dass sie unsere eigenen Verlangen bedrohen. Nimm dir Zeit und geh diesen Reaktionen auf den Grund, und tue Busse.
2. Erkenne in was du deine Hoffnung setzt, wenn Dinge gut laufen
Wenn dein Kind gehorcht, wem oder was verdankst du das? Deinem neuen Verhaltens-Diagramm
oder dem Buch, das du neulich gelesen hast? Deiner Treue? Wenn es irgendetwas anderes wie die Gnade Gottes ist, dann betest du wahrscheinlich ein stellvertretender Gott an.
3. Pass auf die «Vergleichs-Falle» auf
Die Wurzel vom Vergleichen ist Götzendienst. Du magst dich vielleicht wie ein
Versager fühlen, weil du Leistung und Ansehen anbetest, und du bist zerstört, weil du dem nicht gerecht wirst. Oder vielleicht fühlst du dich besser wie andere, auch weil du Leistung und Ansehen
anbetest, und du hast das Gefühl, dass du eine sechs verdienst hättest, im Vergleich zu den anderen. Wenn du dich ertappst wie du dich mit anderen Eltern vergleichst - und dein Kind mit anderen
Kindern - schenk dem Beachtung, wo du dein Vertrauen in etwas anderes setzt wie Jesus.
4. Benenne die guten Dinge, die du in ultimative Dinge verdreht hast
Wenn sich ein gutes Verlangen in eine Erwartung verwandelt hat, bis zum Punkt wo du versuchst, sie zu erzwingen oder du erschüttert bist, wenn du sie nicht erhältst. Ob es dein Baby ist, das nach einem Zeitplan funktionieren soll oder deine Kinder, die respektvoll mit dir reden müssen. Oder die akademische oder sportliche Karriere von deinem Kind. Wenn Gute Dinge zu ultimativen Dingen werden, hast du dich zum Götzendienst eingelassen.
Es ist so wichtig, deine Götzen zu identifizieren, aber nicht um dich über dich selbst schlecht zu fühlen («ich bin so sündig») oder gut über dich zu denken («ich bin ja so geistlich»), sondern um zu erkennen, wie du sie mit Gnade und Wahrheit ersetzen kannst. Deine Götzen wahrzunehmen bringt mindestens 3 Sachen mit sich:
1. Es bringt Demut in deine Erziehung
Eines der grössten Geschenke was Gott mir machen konnte, war ein Kind, dass nicht meinen Regeln folgte. Gott
hat mein Kind gebraucht, um meine Götzen zu erkennen und sie zu zerstören. Wenn ich sehe, wie geneigt ich bin, andere Sachen anzubeten wie Jesus, dann bin ich sanftmütiger in meiner
Disziplinierung, nicht locker oder verantwortungslos, aber sanftmütig.
Mitfühlend. «Wie konntest du nur» wird zu «Vergib mir… dieselbe Zuneigung zur Sünde wie in deinem Herz, ist auch in meinem Herz. Wir sind zusammen im selben Kampf, Seite an Seite.» Eine der wichtigsten Erziehungskompetenz ist zu wissen, wie man Busse tut. Demütige dich selber, deine Kinder werden deine Busse genauso in Erinnerung behalten wie die Familienandachten, die du gehalten hast.
2. Es hilft dir, deinen Kindern zu lernen, ihre eigene Götzen zu identifizieren
Unser Verhalten ist gesteuert von dem, was wir anbeten. Wenn du daran
arbeitest, zu erkennen was du neben Gott anbetest, dann kannst du deinen Kindern helfen zu sehen, was sie anbeten. Dies führt zu echter Busse und hoffentlich wahrer Herzensveränderung.
3. Es verändert deine Erziehungs-Ziele
Ich möchte nicht mehr anständige Kinder. Das ist nicht das Hauptziel für mich. Ich möchte Christus-Anbeter, die wissen was lieben heisst und wie man Busse tut. Kinder, die zu IHM rennen, wenn sie straucheln. Nur Gott kann dies in ihren Herzen bewirken – ich kann es nicht erzwingen. Aber weil es das Ziel ist, schwitze ich nicht mehr ab den kleinen Sachen.
In seinem Buch «Parenting: 14 Gospel Principles That Can Radically Change Your Family» beobachtet Paul Tripp folgendes: «Während wir versuchen unsere Kinder zu erziehen, erzieht uns auch unser himmlischer Vater». Wenn du also deine Kinder erziehst, erzieht Gott dich selbst. Und er macht das dein ganzes Leben lang.
Wenn du also wieder in dieser Situation bist und dein Kind alles andere wie schlafen möchte, und du könntest schreien, weil du jetzt nur eine Kugel Eis und Netflix möchtest, ist Gott da, um dich durch diese Situation zu erziehen. Er ist da, um dir deine Selbstsüchtigkeit, deinen stellvertretenden Gott zu zeigen – und dir mit seiner Gnade und Liebe zu begegnen. Du hast einen perfekten Vater, der nicht müde wird, wenn du erneut zur kaputten Zisterne rennst. Er zieht dich zurück zu sich und verändert dich, Stück für Stück, damit du ihm ähnlicher wirst. Er erzieht dich mit Gnade, damit du deine Kinder mit Gnade erziehen kannst.
Wenn das nicht die beste Nachricht für dich ist, dann weiss ich auch nicht, was es sein könnte.
Übersetzt mit freundlicher Erlaubnis von Gospel Coalition. Original ist erschienen unter www.thegospelcoalition.org/article/when-kids-wont-bow-to-your-idols/