John Piper fragt in seinem Buch 'Von der Pflicht zur Freude': "Warum gibt es so viel Elend in der Ehe?" Und gibt eine Antwort, welche wir wahrscheinlich nicht so erwartet hätten: "Der Grund besteht nicht darin, dass die Ehepartner ihr eigenes Vergnügen suchen, sondern darin, dass sie es nicht im Vergnügen des andern suchen."
Machen wir uns doch auf, um dem Geheimnis der Ehe auf die Spur zu kommen und machen wir uns doch Gedanken darüber, was denn wahre und vollkommene Freude ist. Ich werde an einem Beispiel versuchen, diesem Geheimnis der Liebe auf die Spur zu kommen und es besser zu verstehen. Die Geschichte entspricht der Realität des täglichen Lebens. Nicht im Sinne, dass dieses Beispiel bestimmte Personen darstellt. Das Beispiel ist aus unzähligen Begegnungen zusammengestellt. Doch stellt die Geschichte die Realität in dem Sinne dar, dass es dem realen Leben entspricht, und sie wird so lebensnah als möglich erzählt.
Ein Ehepaar im mittleren Alter mit zwei Kindern im Alter von 10 und 12 Jahren fragen einen Seelsorger um Rat. Der Mann ist ein Angestellter einer Versicherung im höheren Kader, was bedeutet, dass er oft auch über die Wochenenden unterwegs ist oder arbeiten muss. Die Frau fühlt sich mit ihren zwei Kindern alleine gelassen und oft einsam. Der Mann nimmt zwar die Beschwerden seiner Frau verständnisvoll zur Kenntnis. Für seine unklaren Aufträge im Geschäft versucht er aber bei seinem Vorgesetzten keine Klärung zu erreichen.
Doch die Frau fühlt sich von Ihrem Mann nicht ernst genommen: "Er fragt zwar, wie es mir geht, aber ich nehme nicht wahr, dass es ihn wirklich interessiert“, erklärt sie. Schon seit längerer Zeit versucht die Frau ihrem Mann verständlich zu machen, dass er durch sein berufliches Engagement die Familie zu oft alleine lässt und dies zu Spannungen in der Familie führt. Diese Spannungen äussern sich bei den Teeangern in streitsüchtigem Verhalten sowie schlechten Schulleistungen und bei der Mutter mit psychosomatischen Symptomen.
Doch es scheint, dass der Mann die Botschaft seiner Frau nicht verstehen kann. In einem der Gespräche brachte der Seelsorger dem Ehepaar den Gedanken näher, dass Liebe zuerst die Freude des andern sucht. "Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut, achte einer den andern höher als sich selbst, und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.“ Philipper 2,3-4
Beide schauen mich zuerst verdutzt und verständnislos an. Der Ehemann fasste sich aber bald: "Würde das heissen, dass ich zu Hause nicht immer online, ständig am Mail und Smartphone checken bin und beim Vorgesetzten Klarheit schaffen sollte, wohin wir nun in drei Monaten umziehen müssen?“, fragt mich der Mann. Aus den Augenwinkeln heraus sehe ich seine Frau deutlich und zustimmend nicken. Dann folgt ein längeres Schweigen.
Die Frau erzählt beim nächsten Gespräch sichtlich entspannt, dass es ihr in der Ehe viel besser gehe. Auch ihre körperlichen Beschwerden haben sich teilweise verbessert. Der Blutdruck sei wieder im normalen Rahmen. "Wir haben über den Gedanken vom letzten Mal lange nachgedacht", erläutert sie erklärend. Dann erzählt sie eine Begebenheit, welche kürzlich stattgefunden hat. Als ihr Mann an einem Sonntag nach dem Mittagessen wieder in seinem Büro an einer Arbeit war, stand er plötzlich von seinem Sessel auf und kam zu ihr in die Wohnstube hinunter und ging auf sie zu. Der Mann habe sie dann gefragt, ob sie möchte, dass er sich noch etwas zu ihr hinsetzen solle und sie sich so noch ein wenig austauschen und ein Nachmittagsprogramm planen könnten. Sie habe ihm jedoch erklären können, dass es für sie in Ordnung sei, wenn er seine Arbeit noch beenden würde.
"Ich habe gewusst, dass mein Mann diese Arbeit unbedingt noch fertig machen musste. Es war für mich nicht einmal so schwierig, auf die Gemeinsamkeit mit meinem Mann zu verzichten, weil ich wusste, dass mein Mann bereit war, an diesem Sonntagnachmittag darauf zu verzichten, an seiner Arbeit weiterzufahren“, erzählte sie als Begründung von ihrem Verhalten. Wir haben dann miteinander ausgemacht, dass wir am nächsten Wochenende als Ehepaar und Familie etwas miteinander planen werden."
Echte und vollkommene Freude können wir nur durch ein Teilhaben an der Freude des andern erfahren! Auf diese vollkommene Freude weist Jesus in Johannes 15,10-12 hin: "Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe. Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde. Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe."
Vollkommene Freude erleben wir demnach, wenn wir Teilhaber an der Freude von Jesus sind. Diese Freude erleben wir dann, wenn wir in der Liebe von Jesus bleiben. In der Liebe bleiben wir, wenn wir den Weg der Gerechtigkeit gehen, also wenn wir unser ganzes Leben als ein Instrument der Gerechtigkeit hingeben. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn wir zu unseren eigenen selbstsüchtigen Wünschen "Nein“ sagen und somit gleichzeitig "Ja“ sagen zu dem, was Gott uns in seinem Wort lehrt.