Warum Dating heutzutage so problematisch ist

Tim Challies, 13. Februar 2023

Vorbemerkung des Übersetzers: Der schillernde englische Begriff «dating» hat im Deutschen keine exakte Entsprechung. Das Substantiv ist vom Verb «to date» = «mit jemandem [aus]gehen» abgeleitet. Der aktuelle Duden umschreibt die Bedeutung von «Dating» als «das Sichverabreden [mit möglichst vielen wechselnden Partnern]» und bezeichnet damit das im folgenden Text kritisch beleuchtete Verhalten. Wir verwenden den Begriff Dating des englischen Originals, ohne ihn zu übersetzen.

Einleitung

Die Frage nach dem Motiv des Datings ist für unsere heranwachsenden Jugendlichen entscheidend: Ist es der Wunsch, nicht der oder die Einzige ohne Freundin oder Freund zu sein? Ist es das Bedürfnis, auch dabei zu sein und nicht als Aussenseiter zu gelten? Ist es das Kribbeln, endlich mit jemandem vom anderen Geschlecht unterwegs zu sein; ein sexuelles Verlangen?

 

Tim Challies hat in seinem Blog, den Sie unten übersetzt finden, ein paar wichtige Gedanken über das Dating zusammengefasst. Es lohnt sich, darüber nachzudenken und als Eltern diese Fragen mit den Teenagern zu erörtern.

Warum Dating heutzutage so problematisch ist

Ich bin immer wieder verblüfft darüber, wie schwer es heute den jungen Christen fällt, das Problem des Datings und der Verliebtheit anzugehen. Was zu meiner Zeit noch ganz einfach war, scheint in der heutigen Zeit viel komplizierter zu sein. Doch wenn ich die gegenwärtigen kulturellen Moralvorstellungen in Betracht ziehe, wird die Sache verständlich: Zu meiner Zeit deckten sich die landläufigen kulturellen Vorstellungen noch weitgehend mit den christlichen. Heute jedoch sind es zwei ganz verschiedene Welten. Paul Grimmond stellt diesen Sachverhalt in seinem Buch Water for My Camels in hilfreicher Weise dar. Er beleuchtet sieben Merkmale, die das moderne westliche Verständnis des Datings in tiefgreifender Weise beeinflussen.

Ehe ist lediglich ein soziales Konstrukt.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das gesellschaftliche Verständnis von Ehe in erschütternder Weise geändert. Wurde sie früher als Teil des göttliches Plans für den Menschen verstanden, hält man die Ehe heute für ein menschengeschaffenes soziales Konstrukt (und in vielen Köpfen gilt sie als Werkzeug, das zur Unterdrückung konzipiert wurde). «Die modernen westlichen Gesellschaften haben im Wesentlichen den Gedanken verworfen, dass Gott die Ehe geschaffen und ersonnen hat und dass er darum festlegt, was sie ist und wozu sie dient. Stattdessen hält man jetzt dafür, dass die Ehe ein soziales Konstrukt sei. Das heisst, dass sie als menschliche Institution angesehen wird: Wir haben sie erfunden und können darum auch aus ihr machen, was immer uns beliebt.»

Sex ist einfach ein körperliches Bedürfnis.

Dachte man früher, der Geschlechtsverkehr gehöre in die Ehe und sei notwendigerweise an die Fortpflanzung und an die einzigartige Intimbeziehung der Ehe gebunden, so wird Sex heute gemeinhin als blosses biologisches Bedürfnis verstanden. «Bist du hungrig, so such dir was zu essen; bist du durstig, nimm dir einen Drink. Wenn du dich sexuell angetrieben fühlst, geh hin und verschaff dir Abhilfe. Wird Sex aber als lediglich körperliches Bedürfnis definiert, so ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zur Aussage, dass Sex eigentlich moralisch belanglos sei. Wir fühlen weder Scham noch Schuld beim Essen, wenn wir hungrig sind; oder beim Trinken, wenn wir Durst haben. Warum sollten wir dann irgendeine Moral an unsere sexuellen Aktivitäten hängen, die doch aus unseren sexuellen Bedürfnissen hervorgehen?» So wurde Sex von etwas überaus Kostbarem zu einer bedeutungslosen Körperfunktion degradiert.

Sex und Dating sind bedeutungsgleich.

Heutzutage geht man ganz selbstverständlich davon aus, dass Paare, die sich regelmässig treffen, auch Geschlechtsverkehr miteinander haben. Früher wurde Dating als Weg zu einem Ziel verstanden: als Weg von der Bekanntschaft hin zur Ehe und der von ihr umschlossenen sexuellen Beziehung. Heute jedoch ist Dating das Ziel an sich. «Das Verschmelzen von Sex und Dating ist die kulturelle Luft, die wir atmen. Indessen ist dies eine neue Erscheinung. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte hat man diese beiden Dinge miteinander verbunden. Gewiss mag es auch früher auf der privaten, individuellen Ebene vorgekommen sein, aber es war nicht die kulturelle Erwartung. Heute jedoch gilt Dating ohne Sex entschieden als wunderliches Verhalten.»

Das Smartphone fördert Beziehungen.

«Es lässt sich kaum übertreiben, wie sehr die Smartphones unser Leben verändert haben – besonders das Leben der Teenager und mancher junger Erwachsener. Sie alle können sich eine Welt ohne dieses Gerät nicht mehr vorstellen. Viele Veränderungen sind damit einhergegangen; aber für jemanden unter 25 Jahren ist es unfassbar, wie radikal das Smartphone die Erfahrung des Datings aus den Angeln gehoben hat.» Die Paare sind zu keiner Zeit mehr voneinander getrennt, sondern ununterbrochen durch ihre Geräte miteinander verbunden. Das bedeutet, dass ihre Dating-Beziehung sie dauernd und überallhin verfolgt. Und nicht nur das: Sie läuft oft über ein privates Medium und in privaten oder intimen Räumen ab (z. B. spät nachts im Schlafzimmer). Es ist schwer zu glauben, dass dies immer oder auch nur oft eine gesunde Dynamik ist.

Pornographie ist lediglich ein harmloses Vergnügen.

Wohl hat es Pornographie in der einen oder anderen Form schon immer gegeben, aber sie ist gewiss nie so weit verbreitet und akzeptiert gewesen wie heute. Man begegnet heute kaum einem Paar, in dessen Geschichte nicht zumindest für einen Partner die Pornographie eine bedeutsame Rolle gespielt hat. Und dies trifft für Christen fast ebenso häufig wie für Ungläubige zu. «So zeigt sich die Welt den heutigen Teenagern: Die grosse Mehrheit der Jugendlichen und der jungen Erwachsenen haben irgendeine Erfahrung mit Pornographie. Selbst wenn sich jemand durch Gottes Gnade von jeglicher Form von Pornographie ferngehalten hat, so ist er oder sie doch in einer Welt aufgewachsen, die Pornographie für normal hält, für ein ‚harmloses Vergnügen‘, während sie alles ist ausser normal, harmlos oder Vergnügen.»

Wahlfreiheit ist Trumpf.

In der westlichen Kultur grassiert der Individualismus, doch nehmen wir gar nicht mehr wahr, wie ungewöhnlich das ist. Alles in unserem Leben ist eine Sache der persönlichen Auswahl und durch sie drücken wir unsere Individualität aus. Dies hat entscheidende Auswirkungen auf das Dating: «Wir haben einen Punkt in der Geschichte erreicht, wo für die meisten Leute das Dating eine Wahl bedeutet, die unabhängig vom sozialen Umfeld, unabhängig von den Eltern und der weiteren Familie getroffen wird.» Ja mehr noch: Unsere Kultur des Individualismus will uns weismachen, dass wir den Wert unserer Beziehungen primär daran messen sollen, was sie mir bringen und wie ich mich darin fühle. Diese Haltung steht fraglos im Gegensatz zur biblischen Betonung der Selbstlosigkeit in der Liebe und im Dienst am Nächsten.

Wenn es mit der Ehe nicht klappt, so beende sie einfach.

Das Zeitalter der einvernehmlichen Scheidung hat aus der Ehe eine Beziehung der Bequemlichkeit gemacht, die leicht beendet werden kann, wenn sie nicht länger angenehm, nicht mehr erfüllend oder ganz einfach schwierig ist. «Die einvernehmliche Scheidung war Teil des Pakets einer Weltanschauung, in der die Ehe als rein menschliche Institution betrachtet wurde, die der Staat nach Gutdünken festlegen konnte. So gesehen, ist die einvernehmliche Scheidung Ausdruck der Auffassung, dass die Ehe keine dauerhafte Einrichtung sei.

 

Die meisten Menschen um uns herum verstehen die Ehe zwar als eine Stiftung, die Stabilität schafft (darum heiraten immer noch so viele Paare, wenn sie einmal Kinder haben) und die in diesem Augenblick eine starke Erklärung der gegenseitigen Liebe zweier Menschen darstellt. Aber grundsätzlich leben wir in einer Welt, in der die Scheidung als Lösung für Ehen propagiert wird, die nicht funktionieren. Das heisst im Klartext, dass es dem Belieben jedes Einzelnen überlassen ist, die Ehe als eine bloss flüchtige Verbindung anzusehen.

Fazit

Die oben beschriebenen Einstellungen zum Dating, zur Ehe, zum Sex und zu Beziehungen sind tief sitzende Kennzeichen der gegenwärtigen, säkularen Kultur, von der aber auch Christen beeinflusst sind. Sie sind in solchem Ausmass Teil der Kultur um uns herum (und leider auch in uns) geworden, dass es Zeit, Nachdenken und Mühe braucht, sie zu erkennen und zu beurteilen – eine Kernaufgabe für christliche Leiter in den kommenden Tagen.