Menschenfurcht – kein Kavaliersdelikt

Beat Tanner

„Menschenfurcht bringt zu Fall; wer sich aber auf den HERRN verlässt, wird beschützt.“

Sprüche 29,25

 

Menschenfurcht ist die Sünde, welche dem König Saul sein Königreich kostete. Wir erinnern uns: Er sollte gegen die Amalekiter in den Krieg ziehen. Amalek ist das Sinnbild für die Sünde schlechthin (2. Mose 17,16). Und Saul sollte als König von Israel den Bann an den Amalekitern vollziehen. Und Saul gehorchte dem Wort des Herrn nicht. Er schonte den König von Amalek und das wertvollste der Beute, damit das Volk opfern konnte. Drei Sachen fallen auf:

  1. Einmal das Motiv des Königs: Es war nicht Gewinnsucht oder Habgier, wie man vermuten könnte. Nein, es war die Ehre, die Anerkennung des Volkes, welche dem König Saul am Herzen lag. Die Angst vor dem Volk bestimmte sein Handeln: Menschenfurcht. „Da sprach Saul zu Samuel: Ich habe gesündigt, dass ich des HERRN Befehl und deine Worte übertreten habe; denn ich fürchtete das Volk und gehorchte seiner Stimme“ 1. Samuel 15,24

  2. Saul diente sich selber und seiner eigenen Ehre. Denn der Gott Samuels, zumindest seiner Aussage nach, war nicht sein Gott, sondern seine eigene Ehre: „Saul aber sprach: Ich habe gesündigt; aber ehre mich doch jetzt vor den Ältesten meines Volks und vor Israel und kehre mit mir um, dass ich den HERRN, deinen Gott, anbete.“ 1. Samuel 15,30
  3. Dann seine Halbherzigkeit. Saul hat den Bann vollzogen, aber nicht ganz. Das Beste in seinen Augen liess er am Leben. 

Menschenfurcht ist ein falscher Gott, der in seinem Wesen halbherzig ist.

Menschenfurcht geht Kompromisse ein. Dafür gibt es ausreichend Gründe zur Selbstrechtfertigung:

  • Man kann doch nicht so sein!
  • Was denken die andern von mir?
  • Ich könnte mich blamieren…
  • Kann man so herzlos sein?
  • Warum jetzt wieder einen Konflikt beginnen?
  • Mein Handeln könnte ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen (vielleicht eine Haftstrafe durch ein Regime, Prügel oder gar der Tod…)
  • Das hat doch keinen Zweck – ist bloss vergeudete Zeit …

Menschenfurcht ist eine Sünde, deren Wurzel tief greift. Menschenfurcht ist muss mit ganzem Herzen angegangen werden. Die Bibel warnt immer wieder davor, wie z. Bsp. in den Sprüchen 25,29: „Menschenfurcht bringt zu Fall; wer sich aber auf den HERRN verlässt, wird beschützt.“

 

Oder beim Propheten Jeremia: „So spricht der HERR: Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt und hält Fleisch für seinen Arm und weicht mit seinem Herzen vom HERRN. Der wird sein wie ein Dornstrauch in der Wüste und wird nicht sehen das Gute, das kommt, sondern er wird bleiben in der Dürre der Wüste, im unfruchtbaren Lande, wo niemand wohnt. Gesegnet aber ist der Mann, der sich auf den HERRN verlässt und dessen Zuversicht der HERR ist. Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt, der seine Wurzeln zum Bach hin streckt. Denn obgleich die Hitze kommt, fürchtet er sich doch nicht, sondern seine Blätter bleiben grün; und er sorgt sich nicht, wenn ein dürres Jahr kommt, sondern bringt ohne Aufhören Früchte. Es ist das Herz ein trotzig und verzagt Ding; wer kann es ergründen?“ Jeremia 17,5-9 

Menschenfurcht kommt in allen Bereichen unseres Lebens vor und ist zerstörerisch in unseren Beziehungen und in unseren Dienst für Gott.

 

In der Ehe:

Ich kann meinen Ehepartner so fest lieben und damit vergöttern, dass ich Angst habe, ihn zu verlieren. Ich nenne seine Sünde nicht beim Namen, sondern schone seine innere Haltung und sein Verhalten. C.H. Spurgeon schreibt dazu (Kleinode göttlicher Verheissungen, 20. Dezember): „Lasst uns Gott nicht entehren, indem wir aus einem armseligen Menschen einen Gott machen. Wir können aus einem Menschen ebenso einen Götzen machen, indem wir übermässig Furcht vor ihm haben, wie dadurch, dass wir übermässige Liebe zu ihm empfinden.“

 

So wird eine immer grössere Abhängigkeit geschaffen, welche sich dann aber schliesslich als eine Falle entpuppt. Eine Falle, aus der man nicht so einfach entrinnen kann. Der Weise aus den Sprüchen schreibt: „Menschenfurcht bringt zu Fall; wer sich aber auf den HERRN verlässt, wird beschützt.“ Sprüche 25,29

 

In der Kindererziehung:

Eli, der Priester, wehrte seinen Söhnen nicht und liess sie gegenüber Gott ungehorsam sein (1. Samuel 3,13). Das hatte das Gericht Gottes über seine Familie zur Folge. Wie oft lassen wir Respektlosigkeit und Ungehorsam bei unseren Kindern durchgehen? Manchmal um des Friedens oder der Harmonie willen, aus Menschenfrucht, die Angst, die „Anerkennung“ unserer Kinder zu verlieren. Oder einfach, weil wir uns an den „Ton“ und das „Verhalten“ unserer und anderer Kinder gewöhnt haben? – Ich meine nicht, dass wir unseren Kindern alle Freude missgönnen und sie ständig kritisieren sollen. Das wäre ebenfalls lieblos. Aber eine Herzenshaltung unserer Kinder, welche ihre eigene Ehre sucht, darf nicht mit einem saloppen Lächeln übergangen werden.

 

Im Propheten Hesekiel wird beschrieben, dass ein Grund der Deportation des Volkes Israel darin lag, dass die die Söhne ihren Eltern ungehorsam waren: „Und die Söhne, zu denen ich dich sende, haben harte Köpfe und verstockte Herzen. Zu denen sollst du sagen: »So spricht Gott der HERR!«“ Hesekiel 2,4

 

In unseren Beziehungen und in unserem Dienst:

Ich nehme diese beiden zusammen, denn ich glauben, dass wir als Kinder Gottes jederzeit auch zu einem geistlichen Dienst berufen sind. Sind wir doch alle zu jeder Zeit Priester im Dienst für unseren Nächsten (2. Petrus 2,9). Wie oft sagen mit unseren Lippen „Ja“, wenn wir innerlich „Nein“ sagen wollen. Die Angst vor Ablehnung lässt uns nicht den Mut aufbringen. Manchmal kann es auch einfach ein Schweigen sein. Ich könnte ja abgelehnt oder kritisiert werden oder sonst einen Nachteil haben.

 

Wieviel Not entsteht durch die Menschenfurcht in unseren Familien, aber auch in unserem vollzeitlichen Dienst, weil uns unsere eigene Ehre wichtiger als der Gehorsam gegenüber unserem Herr und Heiland ist. Unser dreieiniger Gott weiss um die Gefährlichkeit und zerstörerische Kraft der Menschenfurcht.

Menschenfurcht ist kein Kavaliersdelikt.

Sie kostete dem Saul sein Königreich. Und sie wird uns die Freiheit kosten, die wir in Christus haben. Gott selber ermutigt uns daher um Weisheit zu bitten, „denn der HERR gibt Weisheit, und aus seinem Munde kommt Erkenntnis und Einsicht“ (Sprüche 2,6), um die Menschenfurcht zu erkennen und sodann keine falschen Kompromisse mit ihr einzugehen oder ihr sogar zu dienen. Jeremia, der Tränen-Prophet, wird zu Beginn seines Dienstes ermutigt, das Wort Gottes in Liebe und Klarheit zu verkünden. Er soll sich nicht vor den Menschen, die ihn ablehnen, verfolgen und ans Leben wollen, fürchten (Jeremia 38,6).

 

„Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin bei dir und will dich erretten, spricht der HERR.“

Jeremia 1,8

 

Denn die Wahrheit in Liebe zu verkündigen ist der Auftrag Gottes an uns und untersteht seiner Autorität. Paulus ermutigt Timotheus für seinen Dienst, nicht die „Furcht vor den Menschen“ in seinem Herzen zu pflegen, sondern die Liebe zu Gott und den Menschen:

 

„Die Hauptsumme aller Unterweisung aber ist Liebe aus reinem Herzen und aus gutem Gewissen und aus ungefärbtem Glauben.“

1. Timotheus 1,5-6

 

Der Umgang mit Menschenfurcht erfordert keine Halbherzigkeiten und stellt somit von Beginn an die Ehre Gottes höher als die Ehre vor den Menschen. Denn Kinder Gottes sind zur Freiheit von der Sünde, auch zur Freiheit von der Sünde und dem Ungehorsam der Menschenfurcht, berufen:

 

„Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!“

Galater 5,1

 

Kinder Gottes sind auch zur Heiligung durch die Erlösung berufen, denn:

 

„Die Gott, der Vater, ausersehen hat durch die Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi: Gott gebe euch viel Gnade und Frieden!“

1. Petrus 1,2

 

Wir sind errettet von einem souveränen Gott, befreit von der Macht der Sünde und berufen in der Gemeinschaft seines Sohnes (1. Korinther 1,9) und somit zur Gottes Ehre zu leben und uns an Ihm zu erfreuen.

 

GEBET

Oh Herr Gott, Du bist mein schützender Arm,

meine Festung, meine Zuflucht, mein Schild, mein Beschützer.

Kämpfe für mich, und meine Feinde müssen fliehen. Halte mich aufrecht, und ich kann nicht.

Stärke mich und ich steh unerschüttert, unerschütterlich.

Rüste mich und ich werde nicht verwundet.

Stehe neben mir und Satan wird verschwinden.

Salbe meine Lippen mit einem der Errettung, und ich werde deinen Sieg ausrufen.

Gib mir Abscheu vor allem Bösen als einem widerwärtigen Monster, das deinem Gesetz trotzt, das dein Joch verwirft,

meine Natur entweiht, Elend verbreitet.

Lehre mich, auf Jesus am Kreuz zu blicken und so die Abscheulichkeit der Sünde aus deiner Sicht zu verstehen.

 

Amen

 

(Bennet Arthur, Gebet der Puritaner für besondere Anlässe. 3L Verlag)

Literatur:

  • Welch, Edward, Befreit leben. Von der Menschenfurcht zu Gottesfurcht. 3L Verlag
  • Flavel, John, Der Sieg über die sündhafte Furcht. 3L Verlag