Kristen hört unseren Podcast und schreibt uns ihre Frage: „Pastor John, es ist mir peinlich, aber oft überfällt mich beim Bibellesen ein Gefühl des Zweifels. Manchmal empfinde ich es sogar mehr als einen geistlichen Kampf und nicht so sehr wie ein verstandesmässiger Kampf. Und das macht mir Angst, weil das ein Angriff auf das Fundament meines Glaubens ist – auf die Wahrheit der Bibel. Haben Sie einen Rat für mich, wie ich gegen einen Geist des Zweifels und des Zynismus ankämpfen kann, der mich beim Bibellesen angreift?“
Tony, du weisst, dass ich mir Zeit nehme, und über jede dieser Fragen bete, bevor ich versuche, sie zu beantworten. Ich tue das, damit der Herr mir hilft, aus den hunderten von Dingen, die ich sagen könnte, die Dinge zu wählen, die am hilfreichsten sein könnten. Diese Frage gab mir das Gefühl, dass ich mehr beten müsste. Als sie schrieb, dass es ein geistlicher und nicht nur ein verstandesmässiger Kampf ist, da spürte ich, dass das wirklich wahr ist. Das gilt nicht nur für sie, sondern für uns alle.
Wenn verstandesmässige Fragen aufkommen, welche die Bibel problematisch aussehen lassen, dann verschleiert das oft einen Angriff Satans. Der Teufel hasst die Bibel wirklich. Er hasst die Wahrheit. Er ist ein Lügner von Anfang an, und er kann die Dinge einfach nur verstandesmässig daherkommen lassen, obwohl eigentlich schwerwiegende Dinge auf der geistlichen Ebene ablaufen.
Ich werde Kristen jetzt also sagen, wie die Antwort lautet: Ja. Auf jeden Fall kann ich ihr etwas raten. Ich gründe jeden einzelnen der folgenden sechs Ratschläge auf die Schrift. Und ich werde die Schrift zitieren. Ich bete also für Kristen und viele Menschen, die beim Bibellesen Stolpersteine vorfinden, die sich ihrem Genuss und ihren Glaubensgrundsätzen in den Weg stellen. Und vielleicht erweist sich einer dieser Ratschläge (wenn nicht sogar alle) als Ratschlag des Herrn für sie.
Bete, dass Gott dir hilft. Bete, dass er deine Zweifel und deinen Zynismus mit dir und für dich bekämpft. In anderen Worten: Rufe zum Herrn: „Kämpfe für mich. Hilf mir. Überwinde diese Hindernisse.“
Wir alle wissen, wo das herkommt: Markus 9,24. Der Vater des Kindes, das an epileptischen Anfällen litt, die niemand heilen konnte, kommt direkt zu Jesus. Jesus fragt ihn: „Willst du, dass ich hier irgendetwas mache?“ Und der Mann antwortet: „Wenn du etwas kannst.“ Jesus sagt: „Was soll das mit diesem ‚wenn‘“? Der Mann schreit: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“
Das ist eine seltsame Ausdrucksweise, oder? Hilf deinem Unglauben was genau zu tun? Zu sterben. Diese Hilfe ist nötig. Das bedeutet, dass Kristen und ich unser Bibellesen jeden Tag mit Gebet beginnen müssen. „Gott, hilf mir in meinem Unglauben. Das heisst: töte ihn, vernichte ihn, geh ihm auf den Grund.“ Bete.
Halte bei allem Lesen und Beten nicht einfach nur Ausschau danach, in der Bibel die Wahrheit zu erkennen, sondern danach, die Herrlichkeit Christi zu erkennen. Es gibt ein geistliches Licht, das von Christus her leuchtet und das sich selbst bestätigt, wenn man es sieht. Ich denke hier nun an den „zweifelnden Thomas“. Ich bin so froh, dass es ihn gibt und dass seine Geschichte für Kristen und mich in der Bibel vorkommt. Erinnere dich an seine Worte: „Wenn ich nicht … meine Hand in seine Seite lege, so werde ich nicht glauben.“ Johannes 20,25b
Dann taucht Jesus auf und spricht: „Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!‘ Thomas antwortete und sprach zu ihm: „Mein Herr und mein Gott.“ Johannes 20,27-28
Anders ausgedrückt: Er berührte ihn nicht. Er sah ihn. Etwas geschah, als er ihn sah. Er dachte, er müsse mehr tun. Weisst du, wenn es ein Geist gewesen wäre, dann hätte er viel mehr Beweise haben müssen. „Es wird ein Geist sein. Ich werde darauf reinfallen.“ Und als Jesus auftauchte, brauchte er nichts anderes mehr. Er musste nicht alle seine Beweise einfordern. Jesus sagte: „Weil du mich gesehen hast, hast du geglaubt. Glückselig sind, die nicht gesehen und doch geglaubt haben.“ Johannes 20,29
Ich denke, das bedeutet: „nicht auf die Weise sehen wie du, sondern glauben durch das Sehen, das durch das Wort kommt.“ Ich sage Kristen also, dass sie beim Lesen den Herrn um diese Art nicht physischer, sondern geistlicher Beurteilung bitten soll – ein geistliches Erblicken Christi, das anders ist als eine Argumentation von Beweisen, die auf Rückschlüssen basieren.
Denke oft über die Geduld und Barmherzigkeit Gottes mit Zweiflern nach. Petrus sagte: „Herr, wenn du es bist, dann befiehl mir, auf dem Wasser zu dir zu kommen.“ Er wird auf dem Wasser gehen. Und Jesus sagt: „Komm.“ Petrus stieg also aus dem Boot, ging auf dem Wasser und kam zu Jesus. Dann heisst es: „Als er aber den starken Wind sah, fürchtete er sich; und als er anfing zu sinken, schrie er und sprach: ‚Herr, rette mich!‘“ Matthäus 14,28-30
Und Jesus sagt nicht: Pech gehabt, Mann. Was für ein Idiot. Ich habe dir doch gesagt, dass du es kannst. Und du hast es doch auch gemacht. Nein, nein. Das sagte oder tat Jesus nicht. „Sogleich aber streckte Jesus die Hand aus, ergriff ihn und spricht zu ihm: ‚Kleingläubiger, warum zweifeltest du?‘“ Matthäus 14,31
Sinne über die Güte und Geduld nach, die Jesus Zweiflern entgegenbringt. Petrus zweifelt und Jesus ergreift seine Hand. Vielleicht hat Kristen beim Lesen folgendes Gefühl: „In meinem Zweifel ergreift er meine Hand.“
Suche nach Menschen mit einem starken Glauben, deren Werke du neben der Bibel lesen oder mit denen du persönlich Zeit verbringen könntest. Mache sie zu deinen Helden.
„Gedenkt eurer Führer, die das Wort Gottes zu euch geredet haben! Schaut den Ausgang ihres Wandels an, und ahmt ihren Glauben nach! Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit.“ Hebräer 13,7-8
Der Autor möchte also explizit, dass wir auf Menschen schauen, die uns in diesem Glaubenskampf voraus sind, und dass wir Mut fassen, wenn wir uns den Ausgang ihres Glaubens anschauen. Noch ein Text aus dem Hebräerbrief. Hier scheint dieser gemeinschaftlichen Art des Glaubenskampfes grossen Wert beigemessen zu werden.
„Seht zu, Brüder, dass nicht etwa in jemandem von euch ein böses Herz des Unglaubens [oder man könnte es auch „zweifelndes Herz“ nennen] ist, im Abfall vom lebendigen Gott, sondern ermuntert einander jeden Tag, solange es Heute heisst, damit niemand von euch verhärtet wird durch Betrug der Sünde!“ Hebräer 3,12-13
Anders gesagt: Wir müssen Teil von Gruppen sein, in denen Menschen für uns kämpfen und uns helfen und uns zu Dingen hinführen, die unseren Glauben stärken und deren Glauben nicht schwächen werden.
Denke daran, dass der Körper viele Glieder hat. Manche davon sind Glieder, die lange und intensiv über Dinge nachgedacht haben, die dich verwirren, und haben viele davon gelöst. In 1. Korinther 12,21 heisst es: „Das Haupt kann nicht zu den Füssen sagen: ‚Ich brauche euch nicht.‘“ Oder anders herum. Und manchmal kann es passieren, dass diejenigen unter uns, die das Werk der Füsse tun, sich an etwas erinnern müssen: „Hey, es gibt ja auch einige Köpfe.“ Und mache daraus bitte keinen Widerspruch dazu, dass Jesus das Haupt ist. Immerhin ist es Jesus, der hier in 1. Korinther 12,21 spricht.
Hör wegen dieser Zweifel und wegen eines zynischen Geistes nicht auf, deine Bibel zu lesen. Das ist in deinem Zweifel und deinem Zynismus eines der Hauptziele Satans. Er will dich dazu bringen, mit dem Lesen aufzuhören, während die Bibel doch eigentlich sagt, dass der Glaube durch das Hören und das Hören durch das Wort Christi kommt (Römer 10,17).
Ein letzter Text: „Glücklich der Mann, der nicht folgt dem Rat der Gottlosen, den Weg der Sünder nicht betritt und nicht im Kreis der Spötter sitzt, sondern seine Lust hat am Gesetz des HERRN und über sein Gesetz sinnt Tag und Nacht! Er ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und dessen Laub nicht verwelkt; alles, was er tut, gelingt.“ Psalm 1,1-3
Es gibt solche Zeiten. Die trockene Wüstenwinde wehen. Jene, deren Wurzeln nicht an den Wasserbächen sind, verwelken durch Zynismus und Zweifel. Aber diejenigen, die tief verwurzelt sind und die Tag und Nacht über das Wort Gottes nachsinnen, sind wie Bäume, deren Wurzeln tief bis zum Wasser reichen, sodass sie durch die ausdörrenden Zweifel nicht absterben.
John Piper, Battling Doubt and Cynicism in our Bible Reading, vom 30.07.2015 https://www.desiringgod.org/interviews/battling-doubt-and-cynicism-in-our-bible-reading. Übersetzt von Viktor Zander.